ERGOTHERAPEUTISCHE PRAXIS

FÜR ENTWICKLUNGSFÖRDERUNG

Was ist Ergotherapie?

Der deutsche Verband der Ergotherapeuten definiert Ergotherapie wie folgt:

„Ergotherapie unterstützt und begleitet Menschen jeden Alters, die in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von Einschränkung bedroht sind. Ziel ist, sie bei der Durchführung für sie bedeutungsvoller Betätigungen in den Bereichen Selbstversorgung, Produktivität und Freizeit in ihrer persönlichen Umwelt zu stärken. Hierbei dienen spezifische Aktivitäten, Umweltanpassung und Beratung dazu, dem Menschen Handlungsfähigkeit im Alltag, gesellschaftliche Teilhabe und eine Verbesserung seiner Lebensqualität zu ermöglichen.“ (DVE 08/2007)

Da diese Definition sehr komplex gehalten ist, versuchen wir, Ihnen die Aufgaben der Ergotherapie etwas anschaulicher zu erläutern.

Der Anlass für eine ergotherapeutische Behandlung ist ein gesundheitliches Problem.

Dieses Problem kann sehr unterschiedlich sein, führt jedoch immer dazu, dass sie den betroffenen Menschen in der Bewältigung seines Alltags beeinträchtigt. So hat eine Hyperaktivität zur Folge, dass ein Kind nicht erfolgreich am Unterricht teilnehmen kann, eine Schulterverletzung führt  bei einem Erwachsenen zu Schwierigkeiten beim Anziehen eines Pullovers oder eine Demenz erschwert einer älteren Person, ein eigenständiges Leben zu führen. Für die Ergotherapie ist die Beeinträchtigung der Handlungsfähigkeit von Bedeutung, da wir mit diesen an den Lebensbereichen

  • Produktivität (Kindergarten, Schule, Arbeitsplatz),
  • Selbstversorgung (Waschen, Anziehen, Einkaufen, etc.) und/oder
  • Freizeit (Hobbys, Vereine, etc.)

teilnehmen.

Für die Ausführung einer Handlung/Aktivität benötigen wir

  • motorische Fähigkeiten (z.B. gehen, anfassen)
  • kognitive Fähigkeiten (z.B. das Planen einer Handlung)
  • psychische Fähigkeiten (z.B. Ausdauer)
  • emotionale Fähigkeiten (z.B. Motivation)
  • kommunikative und interaktionelle Fähigkeiten (z.B. Kontakt mit anderen Personen)

Motorische Fähigkeiten

Die Handlungsfähigkeit eines Menschen im Bereich der motorischen Fähigkeiten umfasst Eigenschaften und Fähigkeiten der Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination. Sind diese motorischen Fähigkeiten eingeschränkt, dann kommt es im Einzelnen zu Beeinträchtigungen

  • der Grob- und Feinmotorik
  • der Koordination
  • der Gleichgewichtsregulation
  • der Kraftdosierung
  • der Körperwahrnehmung

Kognitive Fähigkeiten

Zu den kognitiven Fähigkeiten eines Menschen zählen u. a. die Aufmerksamkeit, das Lernen, etwas zu planen, sich zu orientieren oder auch die Fähigkeit, sich an etwas zu erinnern. Bei einer Beeinträchtigung der Gedächtnisleistung kann man sich z.B. nicht mehr an wichtige Informationen erinnern, oder bei einer Beeinträchtigung der räumlichen Orientierung einen wichtigen Ort nicht mehr wieder finden.

Die Schwierigkeiten in der Handlungsfähigkeit finden sich in einer Beeinträchtigung

  • der Konzentration und Aufmerksamkeit
  • der Handlungsplanung
  • der Psychischen Ausdauer
  • der Gedächtnisleistung
  • der Orientierung
  • der Wahrnehmung

Psychische / emotionale Fähigkeiten

Unter psychisch-emotionale Fähigkeiten versteht man u.a. Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen, Gefühle zu erkennen und zu akzeptieren. Wenn die Handlungsfähigkeit des Menschen in seinen psychisch-emotionalen Fähigkeiten eingeschränkt oder gestört ist, kommt es zu einer Beeinträchtigung

  • des Selbstwertgefühles
  • des Selbstvertrauens
  • der Frustrationstoleranz

Kommunikative / interaktionelle Fähigkeiten

Kommunikative / interaktionelle Fähigkeiten dienen dem Austausch von Informationen und der Verständigung der Menschen untereinander. Darunter finden sich im Einzelnen die Fähigkeiten

  • Kontaktaufnahme
  • Zuhören
  • Diskutieren
  • Kritikfähigkeit

Bei einer Beeinträchtigung der kommunikativen und interaktionellen Fähigkeiten hat ein Mensch u.a. Probleme, zu anderen Personen einen adäquaten Kontakt aufnehmen, aufrechterhalten oder zu beenden.

Kommt es jedoch nun durch eine Krankheit oder Behinderung zu einer Beeinträchtigung der Aktivitäten, ist es die Aufgabe der Ergotherapie, zu analysieren in welchen Fähigkeiten (der fünf Fähigkeitsbereiche) die Handlungsfähigkeit eingeschränkt ist.

Je nachdem in welcher/n Fähigkeit/en der Therapeut nun ein Problem feststellt, wählt er eine gezielte Aktivität, die den Patienten dabei unterstützt, die entsprechende Fähigkeit wieder herzustellen, neu zu erlernen oder diese beispielsweise durch ein Hilfsmittel zu kompensieren. Dies kann nun ein Konzentrationstraining sein, das dem Kind hilft, dem Unterricht wieder besser folgen zu können, oder Bewegungsübungen, die es dem Erwachsenen ermöglicht, sich eigenständig anzukleiden. Auch ein Hirnleistungstraining, das den Verlauf einer Demenz verlangsamt, ist eine Form von therapeutischer Betätigung, die es der erkrankten Person ermöglicht, die Qualität bestimmter Aktivitäten zu erhalten.

So lässt sich abschließend sagen, dass es Ziel der Ergotherapie ist, dem Patienten eine erfolgreiche Teilnahme in den verschiedenen Lebensbereichen zu ermöglichen, so dass die betroffene Person wieder ihre Lebenszufriedenheit erlangt.